Entscheidung

Datum: 16.03.2015
Aktenzeichen: 10 Ta 26/15
Rechtsvorschriften: §§ 888 ZPO, 109 GewO

  1. Bei einer Zwangsvollstreckung nach § 888 ZPO schmälert eine rückwirkende Heilung eines Zustellungsmangels nicht die Rechte des Schuldners. Sie ist daher auch noch im Beschwerdeverfahren möglich.
  2. Im Zwangsvollstreckung ist zu klären, ob das erteilte Zeugnis dem eingereichten Entwurf "entspricht". Dies erfordert nicht, dass der Zeugnisentwurf Wort für Wort übernommen worden ist. Das Zwangsvollstreckungsverfahren kann auch nicht dazu führen, dass der Arbeitgeber ein Zeugnis erteilen muss, das gegen den Grundsatz der Zeugniswahrheit verstößt. Bis zu dieser Grenze ist der Arbeitgeber aber im Zwangsvollstreckungsverfahren nach § 888 ZPO anzuhalten, ein dem Entwurf des Arbeitnehmers entsprechendes Zeugnis zu erteilen (BAG v. 09.09.2011, 3 AZB 35/11).
  3. Das vom BAG herangezogene Abgrenzungsmerkmal der „Nachvollziehbarkeit“ bezieht sich nicht auf die Frage des Nachweises, wenn es zwischen Parteien umstritten ist, ob eine konkrete Formulierung im Zeugnisentwurf, die ein Schuldner nicht übernommen hat, den Grundsätzen der Zeugniswahrheit und -klarheit entspricht. Sind hier Tatsachen umstritten, dann bleibt diese Klärung dem Erkenntnisverfahren vorbehalten.
  4. „Nachvollziehbarkeit“ bedeutet in diesem Zusammenhang nur, dass es nicht genügt, wenn sich ein Schuldner floskelhaft auf die Grundsätze der Zeugniswahrheit und -klarheit zurückzieht, um sich der Zwangsvollstreckung erfolgreich zu entziehen. Zu fordern ist insoweit für die Frage der „Nachvollziehbarkeit“, dass er konkret vorträgt, welche Gründe die Übernahme der Entwurfsformulierung in das Zeugnis hindern.
  5. Zu prüfen ist im Zwangsvollstreckungsverfahren dann vom Gericht nur die Schlüssigkeit dieses Vortrags, nicht, ob er zutrifft.
  6. Gibt der Schuldner nur für einen Teil der Abweichungen nachvollziehbare Gründe an, ist der Zwangsvollstreckungsantrag erfolgreich. In der Konsequenz der Entscheidung des BAG liegt es dann, den Schuldner mit den Mitteln des § 888 ZPO zur Erfüllung anzuhalten, soweit er sich nicht mit nachvollziehbaren Gründen gegen den Zeugnisentwurf zur Wehr setzt.
     

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