Entscheidung

Datum: 06.09.2018
Aktenzeichen: 1 Sa 459/17
Rechtsvorschriften: §§ 242, 1004 BGB, § 286 ZPO

1.    Trotz in der Zwischenzeit erfolgter Kündigung kann der Arbeitnehmer seinen Anspruch auf Entfernung des Abmahnungsschreibens aus den Personalakten weiterverfolgen, wenn er ein rechtliches Interesse hieran hat. Ein solches Interesse ist gegeben, wenn der Arbeitgeber die Kündigung gerade mit einer durch Beweisaufnahme des Arbeitsgerichts widerlegten Einlassung des Arbeitnehmers im Prozess begründet (versuchter Prozessbetrug) und wenn der Arbeitnehmer diese Beweiswürdigung angreift.

2.    Der Arbeitgeber hat in der Regel kein Interesse an der Beibehaltung mehrerer Abmahnungsschreiben in der Personalakte, in denen der identische Vorfall gerügt wird. Fügt er ein abgeändertes Abmahnungsschreiben der Personalakte hinzu, ohne ein Rechtsinteresse an der Beibehaltung beider Schreiben in der Personalakte begründen zu können, ist das vorherige Abmahnungsschreiben schon aus diesem Grund aus der Personalakte zu entfernen.

3.    Enthält das Abmahnungsschreiben außer der zutreffend dargestellten Pflichtverletzung die Aussage, hieraus hätten sich „erhebliche Störungen im betrieblichen Ablauf“ ergeben, fehlt es jedoch völlig an solchen Störungen, die durch die Pflichtverletzung verursacht wurden, enthält das Schreiben durch den hierdurch erweckten Eindruck einer besonderen Bedeutung der Pflichtverletzung eine überschießende Tendenz und ist schon deswegen aus der Personalakte zu entfernen.

4.    Vernimmt das Gericht eine im Arbeitgeberlager stehende Zeugin über einen Sachverhalt, bei dem außer ihr nur noch der klagende Arbeitnehmer anwesend war, muss die Begründung der Beweiswürdigung ergeben, dass das Gericht – auch wenn es den Arbeitnehmer nicht im Hinblick auf die „Waffengleichheit“ als Partei vernommen hat – auch die Aussage des Arbeitnehmers in die Beweiswürdigung einbezogen und sie wertend im Verhältnis zur Aussage der Zeugin berücksichtigt hat.

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