Entscheidung

Datum: 11.08.2017
Aktenzeichen: 6 Sa 76/17
Rechtsvorschriften: §§ 626 BGB, 1 Abs. 2, 9, 10 KSchG

Die Kündigung des Arbeitsverhältnisses außerordentlich und hilfsweise ordentlich führt nicht zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses. Die Beklagte hat dem Kläger bereits in der Vergangenheit deutlich gemacht, dass sie politische Aktivitäten im Rahmen des Arbeitsverhältnisses nicht duldet und solches mit ihrer Aufgabenstellung und Verantwortung in der Öffentlichkeit nicht in Einklang zu bringen ist. Diese Verpflichtung zur Rücksichtnahme besteht nicht nur während des Dienstes, sondern auch für außerdienstliches Verhalten von Mitarbeitern, wenn Interessen des Arbeitgebers beeinträchtigt werden. Mit dem sichtbaren Tragen des Dienstausweises hat der Kläger daher gegen seine Loyalitätspflichten gegenüber der Beklagten verstoßen. Er hat durch das sichtbare Tragen des Dienstausweises auf einer Kundgebung „Die Rechte“ die Beklagte mit den Ansichten und Parolen dieser Gruppierung in Verbindung gebracht.

Diese außerdienstliche Pflichtverletzung genügt aber nicht für den Ausspruch einer Kündigung. Als vorrangiges und milderes Mittel wäre die Erteilung einer Abmahnung ausreichend und zumutbar gewesen, um künftiges ähnliches oder gleichgelagertes Fehlverhalten des Klägers zu unterbinden. Es lag auch keine wirksame einschlägige Abmahnung vor, die die Prognose gerechtfertigt hätte, der Kläger würde sich künftig nicht loyal gegenüber der Beklagten verhalten.

Nach Ansicht des Gerichts ist das Arbeitsverhältnis auch nicht gegen Zahlung einer Abfindung aufzulösen. Sein Verhalten im Prozess und während des Prozesses wie auch sein Vorbringen in den Schriftsätzen ist teilweise nicht mehr durch das Recht auf freie Meinungsäußerung oder durch die Wahrnehmung berechtigter Interessen – notfalls in scharfer Form – gerechtfertigt. Dies gilt insbesondere für seine unstreitige Äußerung in der Güteverhandlung, die Vorstände der Beklagten hätten ihn erschießen lassen, „wenn wir in einem anderen Land leben würden“.

Die Auflösung des Arbeitsverhältnisses kommt aber nur in Betracht, wenn eine den Betriebszwecken dienliche weitere Zusammenarbeit nicht zu erwarten ist. Das Gericht erachtet darin zusammen mit der Pflichtverletzung des Klägers keine derartige Störung des erforderlichen Vertrauens, die der weiteren wechselseitigen Erfüllung der Vertragspflichten und dem Zusammenwirken zum Wohl des Betriebes entgegenstünden; zumindest hat sich solches nicht in greifbaren Tatsachen niedergeschlagen.

 

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